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Berühmte Weseler*innen

Derik Baegert

Derik Baegert - Bedeutendster Niederrheinischer Maler des Spätmittelalters

Derik Baegert - Bedeutendster Niederrheinischer Maler des Spätmittelalters
Derik Baegert - Bedeutendster Niederrheinischer Maler des Spätmittelalters
Quelle: Stadtarchiv Wesel

Das 15. und 16. Jahrhundert gelten gemeinhin als die Blütezeit der Stadt Wesel. Sie wuchs in dieser Zeit an Größe und Bevölkerung, entwickelte sich zu der beherrschenden Handelsmetropole am unteren Niederrhein und war als bei weitem größte, volksreichste und mächtigste Stadt im Herzogtum Kleve Vorort der klevischen Städte in der Hanse und Führerin dieser Städte im Landtag. Der Aufstieg der Stadt im 15. Jahrhundert war begleitet von einer umfassenden geistlichen und profanen Bautätigkeit. So wurde die Pfarrkirche erst erweitert und schließlich vollständig erneuert sowie eine zweite, Pfarr- und Wallfahrtskirche in der befestigten Vorstadt Mathena errichtet. Ein prächtiges, größeres Rathaus ersetzte einen etwa siebzig Jahre alten Bau auf dem Großen Markt. Zum Bau dieser und anderer Gebäude wurden teilweise namhafte Baumeister wie etwa Henrik Blankebiel und Gerwin van Langenberg beschäftigt, die auch für einen Teil der Bauplastik verantwortlich zeichneten. Für die Ausschmückung der Kirchen, Klöster, Hospitäler, des Rathauses oder des Kalvarienberges beschäftigte man auch namhafte Künstler aus Westfalen und dem Rheinland. Herausragender Künstler des späten 15. Jahrhunderts unter den zahlreichen Weseler Malern, Bildhauern, Bildschnitzern, Schreinern, Glasern und Goldschmieden war zweifelsohne der Maler Derik Baegert.

Derik Baegert wurde wohl kurz vor 1440 in Wesel als Sohn des Weseler Bürgers Johan Baegert und der Mechtelt Mynreman geboren. Sein seit 1435 nachweisbarer Vater war Kaufmann, der ab 1437 regelmäßig städtische Zollzeichen löste, also Frachtgut über den Rhein transportieren ließ. Die Familie, zu der aus der zweiten Ehe des Vaters mit Agnes (Neesken) van Bert drei weitere Kinder – Beelken, Kathrynken und Aleide – gehörten, wohnte in der Feldstraße gegenüber dem Dominikanerkloster, in einer vornehmlich von Kaufleuten bewohnten Gegend. Sie war allerdings nicht so vermögend, dass sie auch nur den zwölften, geringsten Teil zur Pferdehaltung – entsprechend einem definierten Vermögen von 150–200 Goldgulden – zahlen musste. Johan starb spätestens 1464, seine Frau frühestens 1477. Sie war die Tochter des Weseler Bürgers Andreas (Dries) van Bert; bei diesem handelt es sich wohl nicht um den Goldschmied, sondern um den Kirchmeister von St. Willibrord (mindestens 1427–1457) und Provisoren des Gasthauses Heilig Geist (1433–1459). Die Familie van Bert war seit 1503 im Weseler Magistrat vertreten und nahm im 16. Jahrhundert großen Einfluß auf die Geschicke der Stadt. Neesken Baegert wirkte als Faßmalerin. Sie arbeitete vielleicht schon seit 1459, sicher von 1464–1477 als solche für die Pfarrkirche St. Willibrord.
Über die Ausbildungszeit Baegerts gibt es bislang nur unzureichende Mutmaßungen, die die Lehrstätte im Großen und Ganzen in den Niederlanden – sei es nun Utrecht oder Antwerpen – sehen.

Seit 1467 ist Derik Baegert in Wesel mit einem eigenen Haushalt nachzuweisen. Er wohnte damals in der Torfstraße, gegenüber dem Augustinerkloster, als er vier Albus Beitrag zum Bau des Kirchturms von St. Willibrord bezahlte. 27 Jahre später hatte er es wahrlich weit gebracht, denn er besaß ein Haus auf der Südseite der Breiten Brückstraße, mithin in der neben dem Großen Markt angesehensten Wohngegend der Weseler Altstadt. Seinen Lebensabend verbrachte er seit spätestens 1496 in der Vorstadt Mathena, wo er wie sein Sohn Johan (Jan) auf der Hohen Straße in bester Lage ein Haus besaß. Beide mussten 1502 für eine städtische Anleihe Geld geben, wobei der Sohn das etwa Vierfache des Vaters aufzubringen hatte.

Neben dem noch im Städtischen Museum im Centrum am Kornmarkt in Wesel vorhandenen und im Auftrag des Magistrats der Stadt angefertigten Gerichtsbildes mit dem Titel "Eidesleistung" (1493/94) schuf er einige der größten Tafelaltäre Nordwestdeutschlands. Hierzu gehören die Hochaltäre der im Zweiten Weltkrieg zerstörten Mathenakirche in Wesel, von denen lediglich Fragmente in der Sammlung Thyssen-Bornemisza erhalten sind, der Altar der Propsteikirche in Dortmund, sowie unzählige weitere Tafelbilder, die zu großen Teilen im Wesfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte in Münster zu besichtigen sind. Das obige Bild zeigt ein Selbstportrait, welches Baegert in den Dortmunder Altar einarbeitete, es entstand in den 70er Jahren des 15. Jahrhunderts und gilt als das früheste nachweisbare Selbstportrait eines Malers im nordwesteuropäischen Raum.

In Baegerts Werkstatt arbeiteten neben seinem Sohn Jan, dem Maler des Cappenberger Altars, Deriks Neffe Jan Joest, der unter anderem den Hochaltar in der Nikolai-Kirche in Kalkar fertigte, sowie der Meister des Schermbecker Altars. Seine Schüler übernahmen gleichfalls die ursprünglich aus Italien stammende Tradition, ein Selbstportrait in seine Werke einzuarbeiten.

Ein letztes Lebenszeichen von Derik Baegert gibt es aus dem Jahre 1509, als er rückständige Zinsen an das Weseler Leprosenhaus zahlte. Dem weit verbreiteten Datum 1515 als Terminus post quem – der Künstler soll damals an der Kontrolle der Mathena-Kirchenrechnung beteiligt gewesen sein – liegt ein Lesefehler zugrunde.
Verheiratet war Baegert mit einer Frau namens Christina (Stijn); aus der Ehe gingen ein Sohn und eine Tochter hervor, Johan (Jan) und Henrike (Henriksken). Jan Baegert übernahm die Werkstatt seines Vaters und führte sie mit großem Erfolg weiter.

Die Faßmalerei der Neesken Baegert für die Weseler Stadtkirche übernahm spätestens 1489 ihre Tochter Katharina (Trijnken, Trintgen), die diese Tätigkeit bis 1515 ausübte. Katharina war mit einem Heinrich Joest verheiratet und Mutter des 1519 in Haarlem verstorbenen Weseler Malers Jan Joest.

Im Jahr 1968 gründete der Galerist Bodo Bratke im Nordflügel von Schloß Ringenberg in der Weseler Nachbargemeinde Hamminkeln die Derik-Baegert-Gesellschaft mit dem Ziel, ein Atelier-und Ausstellungszentrum für junge KünstlerInnen zu unterhalten.

Hermann Ludwig Blankenburg

Hermann Ludwig Blankenburg - Deutschlands Marschkönig

Hermann Ludwig Blankenburg - Deutschlands Marschkönig
Hermann Ludwig Blankenburg - Deutschlands Marschkönig
Quelle: Stadtarchiv Wesel

Hermann-Ludwig Blankenburg wurde am 14. November 1876 in Thamsbrück als Sohn eines Landwirts geboren. Schon früh begann er, sich für Musik zu begeistern. Bereits mit 10 Jahren leitete er ein Schüler-Tambourcorps in seiner Heimatstadt. Als einziger Sohn sollte er eigentlich den väterlichen Hof übernehmen, aber er setzte sich gegen seinen Vater durch und besuchte stattdessen eine Musikschule. Daran anschließend ging er zum Militär, um Militärmusiker zu werden, was ihn jedoch nicht erfüllte. Nach zwei Jahren schied er freiwillig aus und trat darauf in das städtische Orchester Barmen-Elberfeld ein, betätigte sich beim Philharmonischen Orchester in Dortmund und im Städtischen Orchester in Duisburg. Hier komponierte er seinen ersten Marsch.

Im Jahre 1906 beteiligte sich Blankenburg an einem Wettbewerb eines renomierten englischen Musikverlages und gewann auf Anhieb den ersten Preis. Unter dem Titel "Abschied der Gladiatoren" wurde dieser Marsch weltberühmt und wird noch heute beim traditionellen Wachwechsel vor dem Buckingham Palace in London gespielt.

Dieser erste internationale Erfolg verhalf Blankenburg auch in Deutschland zum künstlerischen Durchbruch und spornte den Musiker an, weitere Märsche zu komponieren. In der Folge entstanden über 1200 Märsche, von denen er einige seiner Heimat widmete. Der Marsch "Grüß mir die Heimat" entstand aus Freude und Dankbarkeit anläßlich der Verleihung des Ehrenbürgerrechts seiner Geburtsstadt Thamsbrücke im Jahre 1937.

1914 ließ Hermann Ludwig Blankenburg sich als freischaffender Musiker und Musikalienhändler in Wesel nieder. Seit 1932 wohnte er in seinem Haus in der Straße, die heute seinen Namen trägt und in der sein Denkmal steht. Er starb am 15. Mai 1956 in Wesel.

Eva Brinkman

Eva Brinkman bei der Arbeit an der Trauernden Vesalia für das Bombenopfer-Feld im Garten Hansaring Nr. 5 im Jahre 1952.
Eva Brinkman bei der Arbeit an der Trauernden Vesalia für das Bombenopfer-Feld im Garten Hansaring Nr. 5 im Jahre 1952. Quelle: Stadtarchiv Wesel
Malerin, Zeichnerin und Bildhauerin, die das künstlerische Leben in Wesel fünf Jahrzehnte prägte.

Am 12. Oktober 1896 wurde Eva Anna Natalie Brinkman in Wesel geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters 1903 (Dr. jur. Ludwig Brinkman, Bürgermeister von Karlshafen an der Weser) lebte Eva mit ihrer Mutter (Gertrud Brinkman, geb. Nimtz) zwei Jahre in Berlin. 1905 zogen sie nach Wesel zu ihrer Großmutter in die Hafenstraße. Vier Jahre später bezogen Mutter und Tochter ihr neuerbautes Haus am Hansaring.

Von 1905 bis 1912 besuchte Eva das Lyzeum in Wesel und anschließend eine Haushaltsschule in Bonn. Dort freundete sie sich mit Hulda Droste an, der späteren Ehefrau von Otto Pankok.

Gerne hätte die begabte junge Frau die Kunstakademie in Düsseldorf besucht. Doch zu dieser Zeit durften keine Frauen an der Kunstakademie studieren. Stattdessen besuchte Eva eine Malklasse der Kunstgewerbeschule. In den Fächern Zeichnen und Malen zeigte sich die besondere Begabung der Künstlerin. Dort entdeckte sie ihr  Interesse an der Bildhauerei.

Bereits 1918 stellte Eva Brinkman bei einer Gruppenausstellung in Wesel ihr Können unter Beweis.

1920 ging sie nach Bad Warmbrunn, im damaligen Schlesien, um sich im Handwerk der Bildhauerei weiterzubilden. Drei Jahre später zog es sie für ein Jahr als Restauratorin nach München. Zurück in Wesel stellte sie in Duisburg aus und reiste 1928 nach Berlin. Gemeinsam mit ihrem Schüler und Mäzen, Dietrich Krieger, reiste sie nach Paris. Erneut zurück in Wesel stellte sie die dort entstandenen Zeichnungen aus. Es folgten zahlreiche Reisen nach Schweden, Dänemark und in die Niederlande.

Besondere Verbundenheit zur Heimatstadt

Eva Brinkman gehörte zusammen mit Dietrich Krieger, August Oppenberg, dem Malerehepaar Maria Buschmann-Scherman und Artur Buschmann sowie der Fotografin Hilde Löhr zu den Gründungsmitgliedern der „Vereinigung Niederrheinischer Künstler und Kunstfreunde“.

Die Vereinigung organisierte mehrere Ausstellungen im Herzogschloss, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde – später wurde auf dieser Fläche das „Centrum“ (Standort der Stadtbücherei und VHS) errichtet. 

Im Februar 1945, kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges, wurde die Stadt Wesel zu 97 Prozent zerstört. Die Bilder der zerstörten Hansestadt Wesel sind vielen Menschen immer noch im Gedächtnis. Wesel wurde in Schutt und Asche gelegt und viele Menschen verloren ihr Leben.

Eva Brinkman, die den Ersten und den Zweiten Weltkrieg miterlebte, war dabei, als Wesel zerstört wurde.

Die Kriegsgräber auf dem Caspar-Baur-Friedhof sind heute stumme Zeugen der Weseler Geschichte.

Es waren Bekannte, Nachbarn und vielleicht Freunde von Eva Brinkman, die ihr Leben bei der Bombardierung verloren. Diese Ereignisse hinterließen einen prägenden Eindruck bei der Künstlerin.

Das vielleicht bekannteste Werk Brinkmans ist die überlebensgroße Skulptur „Trauernde Vesalia“, die ihren kummererfüllten Blick auf die zahlreichen Kreuze der Bombenopfer richtet. Sie ist ein personifiziertes Symbol der Klage über Tod und Vernichtung, ein Mahnmal an eine der schwersten Stunden dieser Stadt.

Ihr zerstörtes Wohnhaus am Herzogenring baute Eva Brinkman wieder auf. Es verfügte seit 1950 über eine eigene Werkstatt. Fünf Jahre später musste sie ihr Heim verlassen, da dort der große sogenannte „Mercedes-Stern“ mit vielen Wohnungen gebaut wurde. Sie fand „Am halben Mond“ zusammen mit ihrer Freundin Käthe Pommer ein neues Zuhause. Dieses Haus war ideal auf die Bedürfnisse der Künstlerin zugeschnitten.

Die Künstlerin hat an zahlreichen Gebäuden in Wesel gestalterische Akzente gesetzt. Das Stifterrelief kann am Willibrordi-Altenheim bewundert werden. Für den wieder aufgebauten Willibrordi-Dom gestaltete sie die bronzenen Türgriffe mit biblischen Figuren. Eindrucksvoll ist ebenfalls das Kriegerdenkmal neben der Kirche am Lauerhaas in Wesel-Obrighoven, welches am 26. Juni 1955 enthüllt wurde. Rund 1000 Bürger*innen waren bei diesem feierlichen Akt dabei.

Am 12. Dezember 1977 starb Eva Brinkman in Wesel.

Als besondere Wertschätzung wurde 1992 in Wesel-Fusternberg eine Straße nach der Künstlerin, die Eva-Brinkman-Stege, benannt.

In der Broschüre „WEGgefährtinnen der Stadt Wesel“ wird Eva Brinkman als eine von 33 Frauen, nach denen eine Straße in Wesel benannt wurde, gewürdigt. Die Broschüre ist 2020 erstmals erschienen.

Konrad Duden

Förderer der einheitlichen deutschen Rechtschreibung 

Konrad Duden (Kohlezeichnung von Otto Pankok)
Fotograf der Kohlezeichnung: Heinz Kirchmann

Konrad Duden kam am 3. Januar des Jahres 1829 als Sohn des Ökonomen Johann Konrad Duden und seiner Frau Julia, geb. Monjé, auf Gut Bossigt in Lackhausen (heute ein Stadtteil von Wesel) zur Welt. Seine Vorfahren gehörten zu den alteingesessenen Weseler Familien. Sein Großvater Konrad Duden war von 1783-1792 Stadtsekretär und von 1792-1807 Bürgermeister der Stadt Wesel.
Duden besuchte von 1838-1846 das Gymnasium in Wesel und schloss 1846 mit dem Abitur ab. Danach studierte er bis 1848 in Bonn Philosophie, Klassische Philologie, Germanistik und Geschichte. Während des Studiums nahm der junge Duden an den 1848er Demonstrationen der Burschenschaften teil. Im selben Jahr ging er nach Frankfurt / Main, um dort eine Stelle als Hauslehrer anzutreten.

1854 machte er in Bonn sein Staatsexamen, begann am Archigymnasium in Soest sein Probejahr als Lehrer und promovierte zugleich in Marburg über die „Antigone" des Sophokles. Sein Probejahr in Soest brach Duden 1854 vorzeitig ab und nahm eine Hauslehrerstelle in Genua an. In Lindau am Bodensee machte er die Bekanntschaft von Adeline Jakob, der Tochter des preußischen Konsuls in Messina, die er 1861 heiratete. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor.
1859 kehrte er aus Genua nach Deutschland zurück und wurde Lehrer am Archigymnasium in Soest. Er war Pädagoge aus Leidenschaft. Neben der Vermittlung von Wissen standen für ihn die Erziehung und die sinnvolle Freizeitgestaltung der Schüler im Mittelpunkt und brachten ihm bei Schüler- und Lehrerschaft hohes Ansehen.

Zehn Jahre später ging Duden als Gymnasialdirektor nach Schleiz in Thüringen. Innerhalb kürzester Zeit machte er das Gymnasium "Rutheneum" über die Region hinaus bekannt. Seine Aufmerksamkeit galt dabei nicht nur den Schülern, sondern auch der Erwachsenenbildung. 1871 gründete er den "Allgemeinen Bildungsverein", eine Frühform der Volkshochschule. Diese Einrichtung wurde von den Honoratioren der Stadt Schleiz finanziell unterstützt und ermöglichte so auch sozial schwächer gestellten Bürgern einen Zugang zu allgemeiner Bildung.

Im 19. Jahrhundert gehörte es zu den Pflichtaufgaben eines Lehrers, wissenschaftliche Abhandlungen zu veröffentlichen. So notierte Duden akribisch auffällige Ausdrucks- und Schreibweisen seiner Schüler. Eine einheitliche Rechtschreibung gab es damals nicht, jeder Verlag und jede Institution schrieb nach einer eigenen Orthographie. In Schleiz gab es nicht einmal eine einheitliche Schulorthographie, wie sie andernorts durchaus schon üblich war. Diesen Missstand, der gerade die Schüler besonders verunsicherte, ging Duden sogleich an. Im Jahresbericht des Schleizer Gymnasiums aus dem Jahre 1871 veröffentlichte er Rechtschreibregeln mit kurzen Erläuterungen unter dem Titel "Zur deutschen Rechtschreibung".
Er folgte dabei dem phonetischen Prinzip - "Schreibe, wie Du sprichst". Ein Jahr darauf veröffentlichte er die "Deutsche Rechtschreibung" (sogenannter Schleizer Duden) und weitere sechs Jahre später, 1878, die "Anleitung zur Rechtschreibung".

Zwei Jahre zuvor, im Jahre 1876, war die erste Konferenz zur "Herstellung größerer Einigkeit in der deutschen Rechtschreibung" am Einspruch des Reichskanzlers Otto von Bismarck gescheitert.

1876 übernahm Konrad Duden die ihm angebotene Leitung des traditionsreichen Gymnasiums in Hersfeld. Vornehmliche Aufgaben waren die Verbesserung der Schuldisziplin und des Leistungsniveaus. Duden hatte diese Stellung bis zu seiner Pensionierung inne.
1880 gab er sein Hauptwerk, das "Vollständige orthographische Wörterbuch der deutschen Sprache" heraus. Er selbst ahnte wohl nicht, dass dieses Wörterbuch tatsächlich eine Vereinheitlichung der deutschen Rechtschreibung herbeiführen würde, doch auf einer Orthographischen Konferenz 1901 in Berlin beschlossen Vertreter aller deutschen Bundesstaaten und Österreich eine einheitliche deutsche Rechtschreibung. Grundlage sollte Dudens Wörterbuch sein. Ein Jahr später wurden durch einen Bundesratsbeschluss Dudens "Regeln für die deutsche Rechtschreibung nebst Wörterverzeichnis" für alle deutschen Bundesstaaten für verbindlich erklärt. Österreich und die Schweiz schlossen sich an.

Im Sommer 1905 ging Konrad Duden in den Ruhestand und siedelte nach Sonnenberg bei Wiesbaden über, wo er am 1. August 1911 verstarb. Er wurde seinem Wunsch gemäß in Hersfeld beigesetzt. Bis zuletzt beschäftigte er sich mit Problemen der Sprachentwicklung und der Fortschreibung seines Werkes.

Sein Wörterbuch erscheint seit der neunten Auflage aus dem Jahr 1905 unter dem Titel "Duden. Rechtschreibung der deutschen Sprache und Fremdwörter." Bis heute ist es als Nachschlagewerk für Rechtschreibung unerlässlich und wird ständig überarbeitet. Während der Teilung Deutschlands gab es je eine "Dudenredaktion" in Leipzig und Mannheim mit eigenständigen Ausgaben. Seit 1991 erscheint der Duden wieder in einer Ausgabe im Dudenverlag Mannheim, Leipzig, Wien und Zürich.

In Wesel erinnert ein Findling an der Emmericher Straße an den Begründer der deutschen Rechtschreibung. Der mit einer Bronzeplatte versehene Stein wurde am 9. Oktober 1961 anlässlich des 50. Todestages Dudens gemeinsam von der Stadt Wesel und der damaligen Gemeinde Obrighoven-Lackhausen aufgestellt. Sein Geburtshaus beherbergt heute ein Hotel.

Friedrich Geselschap

Historienmaler des späten 19. Jahrhunderts 

Friedrich Geselschap stammte aus einer alten Weseler Kaufmannsfamilie. Geboren wurde er am 3. Mai 1835. In Folge des frühen Todes seiner Eltern lebte er ab 1850 bei Verwandten in Schlesien, verlor jedoch nie den Kontakt zu seiner Heimatstadt.
Nach Beendigung seiner schulischen Ausbildung trat er in die Fußstapfen seines 21 Jahre älteren Bruders, des Genre- und Historienmalers Eduard Geselschap und studierte Malerei in Dresden, Düsseldorf, Berlin und diversen Städten Italiens. 1871 ließ er sich in Berlin nieder und gehörte schon bald zu den bekanntesten Historienmalern des ausgehenden 19. Jahrhunderts.

Diese Kunstform trug zu damaliger Zeit erheblich zur Gewinnung einer nationalen Identität im Deutschen Reich bei. Eine solche bildete sich nach den Befreiungskriegen 1813 - 1815 erst langsam im Zuge der Romantik heraus, zuvor fehlte ein Nationalbewußtsein fast vollständig. Nur die gemeinsame Sprache bildete eine Klammer. Die Romantiker versuchten nun, sich das, was national sei, bewußt zu machen und zu entwickeln. Sie griffen dabei auf das Mittelalter zurück, in dem sie die deutsche Einheit erreicht und deutsche Kultur in Blüte sahen. Man schuf Denkmäler für Dürer und Gutenberg, restaurierte Bauwerke und nahm schließlich auch den Ausbau des Kölner Doms in Angriff. Märchen- und Volksliedersammlungen entstanden.

Auch zeitgenössische Maler leisteten zu diesen Bemühungen mit ihren Historienbildern einen Beitrag, indem sie das ins Bild setzten, was Ausdruck der politisch-historischen Kultur ihrer Zeit war. Ein Historienbild bedeutete Erinnerung an ein Stück gemeinsamer, vergangener Kultur und bot Identifikation mit nationaler Größe, mit Helden. Bevorzugten die Maler um 1800 noch antike Stoffe, so setzten sie seit den ersten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts historische Themen und literarische Begebenheiten der nationalen Geschichte ins Bild, sei es als monumentale Freskomalerei, sei es als Ausmalung von Residenzen, Schlössern, Burgen, Rathäusern, Sälen, Privathäusern, Kirchen und Museen. Auch in den Kunstakademien, vor allem in Berlin, Düsseldorf und München, institutionalisierten sich Nationalgefühl und Nationalbewußtsein.

Friedrich Geselschap wurde mit prestigeträchtigen öffentlichen Aufträgen bedacht. Die Ausmalung der Ruhmeshalle im Berliner Zeughaus, Mosaiken in der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und ein Gemälde für das Beethoven-Haus in Bonn gehören zu seinen bekanntesten Arbeiten. Dem Willibrordi-Dom in Wesel schenkte er ein Glasfenster mit Darstellungen der Bergpredigt, welches im Zweiten Weltkrieg leider zerstört wurde.

Friedrich Geselschap starb während einer Italienreise am 31. Mai 1898 in Rom.

Konrad Heresbach

Humanist und Prinzenerzieher 

Konrad Heresbach (1496-1576)
Konrad Heresbach (1496-1576)

Konrad Heresbach wurde 1496 als als jüngstes von sieben Kindern eines begüterten Landwirtes im Bergischen Land bei Mettmann geboren. Der Wohlstand der Familie erlaubte allen Kindern eine solide Schulbildung. Ab dem Alter von sieben Jahren besuchte Heresbach die Abteischule des Benediktinerklosters in Werden, wo er die Grundbegriffe des Latein erlernte. Zwei Jahre später, im Jahre 1505, wechselte er an die Lateinschule in Hamm. Dort besuchten vorwiegend Kinder wohlhabender Bürger, aber auch einige begabte Kinder aus weniger reichen Familien das Gymnasium. Ab 1510 folgten für den jungen Heresbach zwei Jahre an der Domschule in Münster, bevor er sich im Herbst 1512 an der Kölner Universität der Künste einschrieb. Hier war das Studium der "sieben freien Künste" ("septem artes liberales") verbindlich. Daneben lernte Heresbach Griechisch und Hebräisch, um in den Ursprachen die Bibel und die klassischen Schriftsteller des antiken Griechenland zu studieren. Nach dreijährigem Grundstudium erwarb er den akademischen Grad eines "Magister Artium - der freien Künste".

Daran anschließend widmete er sich dem Studium der Rechtswissenschaften, zunächst in Köln, ab 1517 (dem Jahr, in dem Martin Luther seine 95 Thesen veröffentlichte) auch in Paris und Orléans. Zurück in Köln machte er im Jahr 1520 die Bekanntschaft des großen Humanisten Erasmus von Rotterdam, der ihm von nun an freundschaftlich verbunden blieb. Erasmus vermittelte ihm 1521 eine Professur in Freiburg, aber schon nach einem Jahr ließ Konrad Heresbach sich beurlauben, studierte im italienischen Ferrara erneut Jurisprudenz und promovierte 1522 zum Doktor der Rechte. Es folgten ein Semester Hebräisch- Studien an der Universität in Padua und dann die Rückkehr auf seinen Lehrstuhl in Freiburg. Konrad Heresbach war nun 26 Jahre alt und hatte sich eine umfassende humanistische Bildung erworben. Die Vielzahl seiner Kenntnisse näherte sich damit dem Ideal vom "vollkommen gebildeten Menschen" an, wie es die Humanisten der Zeit ersehnten.

Im Herbst 1523 trat Heresbach - wahrscheinlich auf eine Empfehlung seines Freundes Erasmus hin - die Stelle eines Erziehers am Hofe des Herzogtums Jülich- Cleve-Berg an. Im Auftrage Herzog Johanns III. (1490 - 1539) begann er mit der Unterrichtung des siebenjährigen Erbprinzen Willem. Er wollte den künftigen Herzog zu einem weisen und gerechten Fürsten erziehen, der in den Wissenschaften, den Sprachen und Fragen der Religion bewandert sei. Gelehrtheit sei für einen Regenten unerläßlich, meinte Heresbach, denn um Gesetze zu erlassen, müsse ein Herrscher sich ein eigenes Urteil bilden können. Seine Erziehung war dabei durchaus modern, in seinem Buch "Über Erziehung und Unterricht der Fürstenkinder" verlangte er von einem guten Erzieher unter anderem, daß dieser den individuellen Entwicklungsstand des Kindes berücksichtigen müsse. Außerdem solle nicht körperliche Züchtigung, sondern Zuneigung und Respekt das Verhältnis zwischen Erzieher und Zögling prägen.

Daneben übte Heresbach auch auf den Herzog einen starken Einfluß aus. Der Herzog bekämpfte zwar das Anwachsen des Luthertums in seinen Ländern und warnte 1525 in einem Befehl seine Untertanen vor Luthers Lehre, war aber dennoch willens, Neuerungen in der religiösen Praxis zu fördern. Er erließ diverse Kirchenordnungen, die im humanistischen Geiste zwischen der Römisch- Katholischen Kirche und reformatorisch Gesinnten vermitteln sollten. Diese tolerante Haltung zeigte sich insbesondere, als im Jahre 1534 in Wesel eine Verschwörung von Wiedertäufern aufgedeckt wurde: Herzog Johann zog es vor, nur die Rädelsführer auf dem Großen Markt In Wesel enthaupten zu lassen und die Sympathisanten des Landes zu verweisen. Das war ganz im Sinne Konrad Heresbachs. Angesichts des Blutbades im Zuge der Wiedertäufer-Hinrichtungen in Münster hatte dieser seinem Freund Erasmus geschrieben "es gelte Irrtümer auszurotten, nicht Menschen".

1535 ernannte Herzog Johann III. Konrad Heresbach zum Staatsrat ohne besonderen Geschäftsbereich. Am Klever Hof teilten die Räte des Herzogs dies humanistischen Ideale Heresbachs. Zu dieser Zeit heiratete Heresbach die ehemalige Nonne Mechtelt van Duenen, "die letzte Erbin eines alten clevischen Rittergeschlechts". Gemeinsam bezogen sie das Landgut "Lorward", das Mechtelt mit in die Ehe eingebracht hatte. Von hier aus ritt Heresbach zu den Residenzen des Herzogs nach Kleve und Düsseldorf. Als Herzog Johann 1539 plötzlich nach einem Schlaganfall verstarb, blieb Heresbach als Rat in den Diensten seines ehemaligen Schülers Wilhelm des Reichen, als dieser im Alter von 23 Jahren das Erbe der Vereinigten Herzogtümer Jülich- Cleve-Berg antrat. Wilhelm führte die Religionspolitik des Vaters fort und bemühte sich, selbst katholischen Glaubens, um einen Auslgeich mit den Protestanten in seinem Territorium. Unter Herzog Wilhelm entstand so ein humanistisches Klima, das fortschrittlich denkende Gelehrte anzog.

Seine umfassende Bildung und seine Weltgewandtheit prädestinierten Konrad Heresbach zum Diplomaten. Schon 1534 hatte er im Auftrage Herzog Johanns am Fürstentag in Düsseldorf teilgenommen, um über Wiedertäuferfragen zu diskutieren. 1539 war er zu Vorgesprächen für die Hochzeit Annas von Cleve (der Schwester Wilhelms) mit Heinrich VIII. von England nach London gereist. Die Missionen Wilhelms führten ihn dann an viele der großen europäischen Fürstenhöfe. 1540 nahm er am Religionsgespräch auf Reichsebene in Worms teil und im Jahr darauf verweilte er einige Monate in Regensburg, wo er auf dem Reichstag Kaiser Karls V. beharrlich die clevischen Besitzansprüche auf das Herzogtum Geldern verteidigte. Dies brachte ihm allerdings den Zorn des Kaisers ein. 1543 führte Wilhelm Krieg gegen die Kaiserlichen Truppen. Er unterlag und mußte versprechen, den katholischen Glauben zu bewahren und auf alle kirchlichen Reformen zu verzichten.

Wenn er nicht in Diensten des Herzogs durch Europa reiste, ritt Heresbach oft über Orsoy nach Düsseldorf oder Köln, wo er sich mit neuen Büchern für seine umfangreiche Bibliothek versorgte. Mit ca. 2000 Büchern trug er eine für die damalige Zeit gewaltige Anzahl von Büchern zusammen. Daneben verfaßte Heresbach eine Vielzahl eigener Schriften und brachte auch Texte klassisch-antiker Schriftsteller heraus.

Seine Ehe mit Mechtelt van Duenen blieb kinderlos. Nach ihrem Tod im Jahre 1560 heiratete Heresbach eine Verwandte seiner Frau, die ihn auf seinem Landgut versorgte. Am 14. Oktober starb Konrad Heresbach achtzigjährig 1576 auf Gut Lorward. Kurz vor seinem Ableben hatte der Herzog seinen Rat und Lehrer noch einmal sehen wollen und ihn in Kalkar besucht. Eine außergewöhnliche Ehre für einen bürgerlichen Mann.

In der Heresbachkapelle des Weseler Willibrordidoms findet sich noch heute eine Gedenkplatte für Konrad Heresbach und seine Frau Mechtelt. Dort hatte man auf Wunsch Heresbachs nach seinem Tod einen Teil seiner umfangreichen Büchersammlung ausgestellt. Die im Familienbesitz verbliebenen Bestände der Bibliothek wurden 1674 versteigert. Einen kleinen Rest verwahrt heute das Weseler Stadtarchiv.

Am 24. Oktober 1997 wurde auf dem Großen Markt in Wesel ein Denkmal für Konrad Heresbach enthüllt.

Jan Joest

Weseler Maler mit Einfluss auf die Kunstzentren Antwerpen und Köln 

Lange Zeit war sich die Wissenschaft nicht sicher, ob der Maler Jan Joest, der Schöpfer des berühmten Hochaltares in der Kirche St. Nikolai in Kalkar, ein niederländischer oder niederrheinischer Künstler war; diese Frage hat sich mittlerweile zugunsten des Niederrheins geklärt. Jan Joest wurde etwa um 1455 in Wesel als Sohn der Eheleute Heinrich Joest und Katharina Baegert geboren. Seine Mutter war eine Schwester des berühmten Weseler Malers Derik Baegert und wie ihre Mutter Agnes auch Fassmalerin in Wesel. Jan Joest dürfte bei seinem Onkel Derik Baegert gelernt haben und lebte mit seiner Familie in Wesel. 1484 mußte er sich in Köln einer Leprauntersuchung unterziehen. Wegen des positiven Befundes ließ sich Joest auf eigene Kosten auch in Haarlem untersuchen. Da allerdings in Wesel dieser günstige, negative Befund nicht anerkannt wurde, mußte der Maler seine Heimatstadt verlassen und ließ sich letztlich in Haarlem nieder. Dort starb er 1519. Er hinterließ drei Kinder - Agnes, Freyer und Joest - und vermachte seiner Heimatpfarrkirche St. Willibrord in Wesel einen gefütterten Rock (tabbert), den sein Schwiegersohn Bartholomäus Bruyn d.Ä. ablieferte.

Jan Joest gehört zu den bedeutendsten Künstlern des Rheinlandes. Seine zwischen 1505 und 1508 geschaffenen zwanzig Flügelgemälde des Kalkarer Hochaltarretabels sind imposantes Zeugnis einer reifen Malerpersönlichkeit, die Motive aus der Kölner, Weseler und niederländischen Maltradition souverän zu vereinen verstand. Auch sind bei ihm Anleihen bei der westfälischen Malerei und Druckgraphik festzustellen. Jan Joest seinerseits übte auch Einfluss auf die Altkölner Meister aus.

Die meisten Werke Joests, wie etwa das Hochaltarretabel der Werdener Benediktinerabtei, sind im Laufe der Zeit verschwunden oder - etwa durch Bilderstürmerei - vernichtet worden.

Nicht zuletzt als Lehrer von Joos van Cleve († 1540/41) und Bartholomäus de Bruyn d.Ä. (1493-1555) nahm Jan Joest noch viele Jahrzehnte nach seinem Tod Einfluss auf die Kunstzentren Antwerpen und Köln.

Hans Lipperhey

Hans Lipperhey - Erfinder des Fernrohrs

Hans Lipperhey - Erfinder des Fernrohrs
Hans Lipperhey - Erfinder des Fernrohrs
Quelle: Stadtarchiv Wesel

Wann Hans Lipperhey geboren wurde, ist nicht bekannt. Sicher ist jedoch, daß er in Wesel zur Welt kam. Auch die Schreibweise seines Nachnamens variiert, so findet man des öfteren die Abweichung "Lippershay", seltener die Variante "Lippersheim".
Im Jahre 1594 wanderte Hans Lipperhey nach Middelburg aus, um dort den Beruf eines Brillenmachers auszuüben. Die Stadt in der heutigen niederländischen Provinz Zeeland galt damals als Zentrum der Optikerkunst, Zacharias Jansen hatte dort bereits einige Jahre zuvor mit einem Vorläufer des Fernrohrs experimentiert.

Am 2. Oktober 1608 beantragte Lipperhey durch den Rat von Zeeland ein Patent bei den Generalstaaten in Haag über ein erstes "Instrument zum Sehen in die Ferne". Sein Instrument bestand aus einem Rohr, an dessen Ende sich zwei Linsen befanden. Bei der dem Objekt zugewandten Linse, dem Objektiv, handelte es sich um eine Sammellinse, die Linse am anderen Ende des Rohres (Okula ) war eine Zerstreuungslinse. Dieses Instrument lieferte seiten- und höhenrichtige Bilder, verfügte bei mittleren Vergrößerungen allerdings nur über ein kleines Gesichtsfeld.

Als Lipperheys Patentantrag bekannt wurde, versuchten auch andere Brillenmacher ein Patent auf das Teleskop zu bekommen. Jeder behauptete, als Erster ein solches Instrument gebaut zu haben und die Situation wurde daraufhin so verwirrend, dass die holländischen Behörden es ablehnten, ein Patent für die Erfindung des Teleskops zu vergeben. (Die damalige Sachlage ist nicht eindeutig, verschiedene Quellen deuten darauf hin, daß Jakob Adriaanszon, genannt Metius von Alkmaar, zeitgleich und unabhängig von Lipperhey ein Fernrohr zum Patent anmeldete.)

17. Jahrhundert

Das Teleskop wurde zu einem der wichtigsten wissenschaftlichen Instrumente des 17. Jahrhunderts. 1609 baute Galileo Galilei ein Fernrohr wie das von Lipperhey konstruierte nach und erregte bekanntermaßen mit seinen Beobachtungen großes Aufsehen. Das Teleskop erlaubte Beobachtungen durchzuführen, die schließlich zu der Erkenntnis führten, dass die Erde um die Sonne dreht und nicht das ruhende Zentrum des Universums ist. Galileo war der erste, der dieses Instrument einsetzte. Er entdeckte Krater und Berge auf unserem Mond, die vier größen Monde des Jupiter und die Phasen der Venus.

Hans Lipperhey starb im September 1619 in Middelburg.

Karl Georg Maaßen

Mitinitiator für die Gründung des Deutschen Zollvereins 

Karl Georg Maaßen
Karl Georg Maaßen

Geboren am 23. August 1769 in Kleve, wuchs Karl Georg Maaßen als Sohn eines preußischen Gerichtsschreibers in Gartrop bei Wesel auf. Seine Schullaufbahn am städtischen Weseler Gymnasium schloss er mit dem Abitur ab. Daran anschließend studierte er Jura.

Nach dem Studium trat Maaßen in den preußischen Staatsdienst ein, wo er schnell aufstieg und sich als Finanz- und Wirtschaftsexperte einen guten Ruf erwarb. Ab 1816 arbeitete er im Finanzministerium, er wurde Generaldirektor für die Verwaltung von Gewerbe und Handel in Berlin. Am 16. Januar desselben Jahres erhielt er das Eiserne Kreuz am weißen Bande. Diese Auszeichnung hatte der Deutsche Kaiser drei Jahre zuvor gestiftet, um die Moral der sich bildenden Nation während der Befreiungskriege zu stärken. Das Eiserne Kreuz wurde für militärische Verdienste am schwarzen, für Verdienste außerhalb des Schlachtfeldes am weißen Bande verliehen.

Auf Karl-Georg Maaßens Mitwirken hin fielen 1819 die preußischen Binnenzölle. Andere Deutsche Staaten verfuhren ebenso, doch mit der Zunahme von Handel und Industrie wuchs das Bedürfnis nach größeren, von Zollschranken unbehinderten Wirtschaftsräumen. Auf Initiative Preußens wurde daher die Gründung eines gemeinsamen Zollvereins anvisiert. Für Preußen führte Maaßen gemeinsam mit dem Finanzminister von Motz, dem er 1830 im Amt nachfolgte, die Verhandlungen zur Gründung des Deutschen Zollvereins.

1834 waren die Verträge ausgehandelt und der Deutsche Zollverein, dem sich zunächst 18 deutsche Länder anschlossen, trat ins Leben. Damit war ein einheitlicher Binnenmarkt unter Ausschluss Österreich geschaffen, was als wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur Deutschen Reichsgründung 1871 gilt.

Karl-Georg Maaßen starb wenige Monate nach der Gründung des Deutschen Zollvereins am 2. November 1834 in Berlin.

Peter Minuit

Der Mann, der Manhatten kaufte 

Peter Minuit
Peter Minuit

Peter Minuit kam als Sohn wallonischer Einwanderer, die aus Glaubensgründen von den Spaniern vertrieben worden waren, wahrscheinlich zwischen 1580 und 1585 in Wesel zur Welt. Über seine Jugendzeit ist nicht viel bekannt. Im Jahre 1609 verstarb Minuits Vater Johan. Peter übernahm den Hausstand und das Geschäft seines verstorbenen Vaters im Löw- Viertel, dem nach Süden gelegenen Teil der Stadt. Ein Testament, das Minuit im September 1615 in Utrecht aufsetzte, weist ihn als "Diamantenschleifer" aus. Am 20. August 1613 heiratete er Gertrud Raedts aus Cleve.

Minuit war ein angesehener Mann, der wiederholt zum Vormund bestellt wurde und sich nachhaltig für seine Mündel einsetzte. Auch ließ er den Armen der Stadt materielle Hilfe zukommen, denn in der Zeit spanischer Besatzung (1614 - 1619) herrschte in der Stadt bittere Not. Vermutlich im Jahre 1624 verließ Peter Minuit Wesel und ging nach Amsterdam, wo er Mitglied des Direktoriums der Niederländisch- Westindischen Companie wurde.

Zur Stabilisierung des Handels mit der neuen Kolonie in Nordamerika war für die Companie die Gründung größerer Ansiedlungen notwendig. Im Jahre 1625 erkoren die Leiter der Companie daher ihren Direktor Peter Minuit zum Generaldirektor von Neu-Niederland. Er genoß den Ruf eines tüchtigen Beamten, geschickten Unterhändlers und aufrechten Menschen.
Im Januar 1626 brach Peter Minuit mit zwei Schiffen voller Auswanderer und einem ganzen Bündel Vollmachten und Instruktionen der Niederländisch-Westindischer Companie auf. In Amerika begannen die Auswanderer sofort mit dem Bau von Häusern und der Urbarmachung des Landes. Bald darauf sprach eine Abordnung von Indianern bei Minuit vor und fragte, ob er gedächte, den Indianern das Land gewaltsam zu nehmen, oder aber dafür zu bezahlen. Minuit vereinbarte einen Verhandlungstermin, an dem über die Höhe des Kaufpreises verhandelt werden solle. Häuptling Sagisgura zeigte Minuit einen Zettel mit der Höhe der Kaufsumme, den Minuits Vorgänger unterzeichnet hatte. Die Summe betrug 1.200 holländische Gulden. Minuit hatte aber nur eine Anzahlung in Scheinen dabei, welche die Indianer, die das Papiergeld nicht kannten und für wertlos hielten, ablehnten. Minuit zeigte den Indianern schließlich einige spanische Goldgulden, Glasperlen und Stoffballen. Die Indianer entschieden sich für diese Dinge an Stelle des Papiergeldes und der Vertrag wurde unterzeichnet.

Peter Minuit hatte für Werte von etwa 60 Gulden den Boden gekauft, auf dem später New York gebaut werden sollte.

Nachdem nun den Ansprüchen der Niederländer feste Grundlage gegeben worden war, entwickelte die Kolonie sich unter der Leitung Minuits, der es sich zum Ziel gesetzt hatte, mit den Indianern in Frieden zu leben, erstaunlich weiter: Innerhalb von sieben Jahren verfünffachte sich die Ausfuhr von Pelzen, weitere Siedler kamen (darunter auch Minuits Gattin) und die Umgebung wurde gründlich erforscht.
Nach erfolgreichen Jahren in Neu-Niederland verließ das Glück Minuit. Einige Neu-Siedler, die zu großen Landstücken gekommen waren, mißachteten die Maßgabe, Pelzhandel nur über die Niederländisch-Westindische Companie zu betreiben. Dies führte zu erheblichen Einbußen in den Einnahmen des Gesellschaftspostens Neu-Amsterdam. Die Siedler, die nur über kleinere Farmen vefügten, erhoben sich gegen den Gouverneur Minuit, den sie ungerechtfertigterweise für ihre Misere verantwortlich machten.

1631 wurde Minuit seines Postens vorläufig enthoben und verließ im August 1632 Neu-Niederland zur Berichterstattung nach Amsterdam. Dort sprach das Kammergericht der Westindischen Gesellschaft sich für eine Entlassung Minuits aus. Dieser mischte sich unter die Amsterdamer Kaufmannschaft und zog 1634 auf Drängen seiner Frau nach Emmerich.

Doch den tatkräftigen Mann hielt es nicht lange in seiner Heimat. Auf Empfehlung eines Freundes trat Peter Minuit 1636 in die Dienste Schwedens und machte sich im Januar 1637 im Auftrag einer neuen schwedischen Gesellschaft nach Amerika auf, um an der Mündung des Delawareflusses eine neue Kolonie aufzubauen.

Minuit verhielt sich den Indianern der Gegend gegenüber ebenso wie einstmals in Neu-Niederland. Das Land wurde nicht im Krieg erobert, sondern rechtmäßig erstanden. Die Kolonie "Nova-Suedia" (Neu-Schweden) wuchs beständig und zur Zufriedenheit der schwedischen Krone lieferte Minuit regelmäßig Pelze nach Stockholm.

Im Juni 1641 verließ Minuit die Delaware-Siedlung und segelte nach St. Christopher um Waren aus Delaware gegen Tabak einzutauschen. Kurz vor der Rückreise besuchte er einen Bekannten aus Rotterdam auf dessen Handelsschiff, das in der Nähe vor Anker lag. Während des Besuches fegte ein Orkan über die Küste hinweg und das Rotterdamer Schiff wurde losgerissen, entschwand auf dem Meer und ging verloren. So nahm die Laufbahn Peter Minuits ein jähes Ende, während sein Schiff den Sturm überstand und nach Neu-Schweden zurücksegelte.

Die Nachfolger Minuits agierten glücklos. Bald kam es zum Streit zwischen Neu-Niederland und Neu-Schweden. Im August 1655 überfiel der Gouverneur von Neu-Niederland - Peter Stuyvesant - mit seiner Streitmacht Neu-Schweden und eroberte es. Acht Jahre später fielen beide Kolonien an England.

Ida Noddack-Tacke

Ida Noddack-Tacke - Entdeckerin des chemischen Elements Rhenium

Ida Noddack-Tacke - Entdeckerin des chemischen Elements Rhenium
Ida Noddack-Tacke - Entdeckerin des chemischen Elements Rhenium
Quelle: Stadtarchiv Wesel

Ida Noddack-Tacke kam als Tochter des Lackfabrikanten Adalbert Tacke am 25. Februar 1896 auf Haus Wohlgemut in Lackhausen, heute zu Wesel zugehörig, zur Welt. Als eine der ersten Frauen in Deutschland studierte sie Chemie und promovierte 1921 an der Technischen Hochschule Berlin. Gemeinsam mit Walter Noddack (1893-1960), den sie 1926 heiratete, begann sie 1922 an der Physikalischen Reichsanstalt Berlin die systematische Suche nach den beiden letzten, im periodischen System der Elemente noch unbekannten chemischen Elementen mit den Ordnungszahlen 43 und 75.

1925 gelang ihnen die Entdeckung der gesuchten Elemente, die sie Rhenium und - nach der Heimat Walter Noddacks - Masurium nannten. Das Element Masurium konnten die Noddacks allerdings nicht röntgenspektroskopisch nachweisen. Heute weiß man, daß es radioaktiv ist und sehr schnell zerfällt, in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts war jedoch noch nicht bekannt, dass chemische Elemente instabil sein und verfallen können. So blieb Masurium bis 1945 umstritten und wurde dann durch das künstliche Element Technetium ersetzt. Die Entdeckung und Herstellung einer kleinen Menge des Metalls Rhenium wurde dem Forscherpaar schließlich zuerkannt, das Masurium nicht.

Die wissenschaftlichen Leistungen der Noddacks blieben allerdings nicht auf diese Elemententdeckungen begrenzt, sondern umfaßten auch bahnbrechende Ergebnisse in der Photo- und Geochemie. Beispiele hierfür sind der Kohlenstoffkreislauf, die Sehfarbstoffe des menschlichen Auges, Nierensteine und deren Auflösung sowie die 1938 formulierte "Allgegenwartstheorie". Durch ihre Untersuchungen von Meteoriten zählt Ida Noddack auch zu den Initiatorinnen der Kosmochemie.

1934 wirbelte Ida Noddack-Tackes in der "Zeitschrift für angewandte Chemie" geäußerte Vermutung, Urankerne könnten bei Neutronenbeschuss in größere Bruchstücke zerfallen, viel Staub auf. Die damalige Fachwelt nahm diese These allerdings nicht ernst. 1938 gelang dem Forscherteam Otto Hahn, Fritz Straßmann und Lise Meitner schließlich die erste Kernspaltung, doch erst kurz vor seinem Tode im Jahr 1966 würdigte Otto Hahn Ida Noddacks frühe Erkenntnis mit den Worten: "Und die Ida hatte doch Recht."

Das Ehepaar Noddack wurde zwischen 1932 und 1937 zehnmal für den Nobelpreis vorgeschlagen, verliehen wurde er ihnen nicht. Dabei haben wohl auch die politischen Unwägbarkeiten in der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg eine Rolle gespielt.

Idda Noddack starb am 24. September 1978 in Bad Neuenahr.

Das Stadtarchiv Wesel besitzt eine umfangreiche Sammlung zu Ida und Walter Noddack, deren Grundstock eine von Dr. Hans Georg Tilgner zusammengetragene Sammlung bildet. Herr Dr. Tilgner hat diese im Herbst 2005 dem Stadtarchiv übergeben und das schon vorhandene Archivgut, vornehmlich persönliche bzw. familiengeschichtliche Dinge, erheblich ergänzt. Es handelt sich hierbei vor allem um das wissenschaftliche Werk des Forscherehepaares, Auseinandersetzungen mit diesem Werk, Würdigungen, Tonaufzeichnungen u.v.m.

Zum 110. Geburtstag der Forscherin wurde am 25. Februar 2006 an ihrem Elternhaus in Lackhausen eine vom Verkehrsverein erstellte Bronzetafel enthüllt. Im Ortsteil Obrighoven-Lackhausen trägt eine Straße den Namen Ida Noddacks, hier befindet sich auch eine Büste der Chemikerin.

Karl Straube

Meister der Orgel 

Am 6. Januar 1873 kam Karl Straube als Sohn eines Organisten und Harmoniumfabrikanten in Berlin zur Welt. Zu dieser Zeit hatte die Orgel, über Jahrhunderte hinweg die "Königin der Instrumente", ihre zentrale Rolle als Organ der Sakralmusik längst eingebüßt. Der Name Karl Straubes ist mit der Renaissance der Orgel eng verbunden.

Sein Vater, langjähriger Organist an der Berliner Heilig-Kreuz-Kirche, hatte den Grundstein zur musikalischen Ausbildung des Sohnes gelegt. Die Schnelligkeit und Präzision, mit der der junge Straube lernte und seine Fähigkeit, auch nur einmal gehörte Stücke nachspielen zu können, bewegten den Vater allerdings bald zu der Entscheidung, dieses Talent einem erfahreneren Lehrer anzuvertrauen. 1888 wurde Karl Straube Schüler Heinrich Reimanns.

Im Alter von 22 Jahren wurde Straube 1895 ständiger Vertreter Reimanns an der großen Sauer-Orgel der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Berlin. Bereits zwei Jahre später übernahm er im Weseler Willibrordidom ein eigenes Organistenamt. Während seiner Jahre in Wesel erarbeitete Straube sich das große Repertoire, das auf späteren Konzertreisen seinen Ruhm als Orgelspieler begründete. Er wurde von der Kritik gefeiert: "Heute wird niemand mehr bezweifeln, daß, was Hand- und Fußgewandheit, was Beherrschung des Instruments in seinen Ausdrucksmitteln betrifft, (...) Karl Straube zu den ersten Orgelmeistern der Welt gehört und in Deutschland sicher der erste ist."

Im Anschluß an einen Orgelabend in Frankfurt am Main lernte Karl Straube im Mai 1898 den Komponisten Max Reger kennen. Zwischen den beiden entwickelte sich eine intensive und produktive Freundschaft, die bis zum Tode Regers im Jahre 1916 währte. Straube vermerkte: "Es ist für mich ein Glücksfall meines Lebens gewesen, dass ich Reger in jungen Jahren kennen und verstehen lernte. Dem Genius meines Freundes dienen zu dürfen, gab dem eigenen künstlerischen Leben sinnvollen Inhalt."

1902 wurde Straube als Organist an die Thomanerkirche in Leipzig berufen. Sein in kurzer Zeit vollzogener Aufstieg als Virtuose hatte ihm den Vorzug von neun zumeist sächsischen Mitbewerbern um die Stelle gegeben. Wenig später übernahm er auch die Leitung des Bachvereins und wurde für die Aufführung chorsinfonischer Werke im Gewandhaus verantwortlich.
Als 1918 Thomaskantor Gustav Schreck starb, wurde Straube einstimmig zu dessen Nachfolger gewählt.

Die Machtergreifung der Nationalsozialisten im Januar 1933 erschütterte die Position und die Arbeitsmöglichkeiten Straubes als Kantor nachhaltig: Die grundsätzlich antikirchlich eingestellten Machthaber taten nicht nur ihr Möglichstes, um die Kirchenmusik in ihren Wirkungsmöglichkeiten zu beschneiden, sie lehnten auch Straube, der im Präsidentschaftswahlkampf von 1931 öffentlich gegen Hitler Stellung bezogen hatte, ab.
Um sein Amt nicht an einen Parteischergen zu verlieren und damit den Chor seinem musikalischen Untergang zu weihen, trat Straube in die Partei ein. Bis 1939 konnte er so seine Arbeit weiterführen. Doch seine vermutlich nach außen getragene anifaschistische Haltung blieb nicht verborgen. Straube lehnte nicht nur jegliche Teilnahme an Parteiveranstaltungen ab, er bekannte sich auch weiterhin zu jüdischen Freunden und Kollegen. Daher drängte man ihn aus dem Amt, indem man die Verlängerung seines Vertrages von der Zustimmung seines designierten Nachfolgers Günther Ramin abhängig machte. Dieser Demütigung entzog Straube sich durch seinen Rücktritt.

Bis 1948 blieb er Orgellehrer am Konservatorium und versuchte nach Kräften, die Ausbildung der Kirchenmusiker zu fördern - teilweise auch durch Tarnung der einzelnen Lehrfächer.

Karl Straube starb am 27. April 1950 in Leipzig.

Erna Suhrborg

Erna Suhrborg, deutsche Malerin und frühe Vertreterin der „Informellen Kunst“

Erna Suhrborg im Arbeitszimmer
Erna Suhrborg im Arbeitszimmer
mit freundlicher Genehmigung von Gabriele Suhrborg

Am 16.06.1910 wurde Erna Maria Weidlich in Uerdingen (Krefeld) geboren.

1911 zog die Familie Weidlich nach Amsterdam und später nach Rotterdam. Dort ließ sich Erna zur Lehrerin für das Kunstgewerbe ausbilden.

In den 1930er Jahren traf die junge Künstlerin den niederländischen Maler Jan Damme. Von ihm lernte sie, ihre Kreativität mit Hilfe von handwerklichen Techniken auszudrücken.

1930 lernte sie Dieter Suhrborg, Sohn eines Duisburger Unternehmers, der eine Kiessbaggerei betrieb, kennen und lieben.

1936 wurde sie Schülerin des Malers Georg Stahl. Bei ihm lernte sie die Abstrakte Malerei kennen und war davon fasziniert.

1937 heiratete das junge Paar in Rotterdam.

1939 Während des Krieges kamen ihr, wie sie selber einmal sagte,

„…. die Bilder, die sie malen wollte, abhanden“ (Dr. Georg Gusmann, 1987 Die Suche hinter dem Vorhang aus: Ich komme von der Natur her…).

1943 fanden die Eheleute Suhrborg ihre neue Heimat zunächst in Duisburg und später in Wesel.

1945 hat Erna Suhrborg die Zerstörung Wesels, das Leben in einer Trümmerwüste, die Zeit der Entbehrungen und der großen Not erlebt und überlebt.

Mitte der 1950er Jahre normalisierte sich das Leben der Familie. Erna widmete sich wieder der Malerei.

In den folgenden Jahrzehnten entstanden viele beeindruckende Werke. In Wesel gehörte unter anderem Arthur Buschmann zu ihren Freunden. 1964 im Alter von 54 Jahren erlebte Erna Suhrborg, mit einer Ausstellung ihrer Werke auf Schloss Ringenberg, ihren künstlerischen Durchbruch. Es folgten weitere, internationale Ausstellungen ihrer Kunst.

1995 starb die bedeutende Malerin in Wesel.

Erna Suhrborg war Ehrenmitglied des Niederrheinischen Kunstvereins und als bedeutende Vertreterin informeller Kunst anerkannt. Sie malte – wie es 1981 der frühere Kulturamtsleiter Werner Arand im Katalog zur Ausstellung „Lebensspuren“ schrieb - nicht, um etwas zu bewirken. Sie malte, um etwas auszudrücken.

Dem kommerziellen Kunstbetrieb ging sie trotz ihres Bekanntheitsgrades immer aus dem Weg. Sie blieb – wie eine „echte“ Niederrheinerin - bodenständig und uneitel.

2017 wurde der erste Erna-Suhrborg-Kunstpreis zur Förderung von Künstlerinnen vergeben. Gestiftet wurde der Preis von dem Ehepaar Gabriele und Hans Dieter Suhrborg (Sohn von Erna Suhrborg).

Als besondere Wertschätzung der Stadt Wesel wurde eine Straße in Wesel nach Erna Suhrborg benannt.

In der Broschüre „WEGgefährtinnen der Stadt Wesel“ wird Erna Suhrborg als eine von 33 Frauen, nach denen eine Straße in Wesel benannt wurde, gewürdigt. Die Broschüre ist 2020 erstmals erschienen.

Ingeborg ten Haeff

Ingeborg ten Haeff, deutsche Malerin und Kosmopolitin

Ingeborg
Stadtarchiv Wesel, N83: Sammlung Ekkehart Malz. (lt. Archiv)

Am 31.07.1915 wurde Ingeborg ten Haeff in Düsseldorf geboren.

1917 zog sie mit ihrer Familie nach Wesel, der Geburtsstadt ihres Vaters. In Wesel, Rohleerstraße 11, verbrachte Ingeborg ten Haeff ihre Kindheit.

1921 im Alter von sechs Jahren verlor Ingeborg ihren Vater. Er starb an den Folgen eines Autounfalls.  

1928 zogen Ingeborg, ihre Mutter und ihre Schwester nach Berlin. Die deutsche Hauptstadt war zu jener Zeit ein Zentrum der avantgardistischen großstädtischen Kunst- und Kulturszene. 

1933 studierte sie dort Musik und Gesang. Während dieser Zeit lernte sie ihren späteren, ersten Ehemann Dr. Lutero Vargas kennen, der in Berlin Medizin studierte. Dr. Vargas war der Sohn des brasilianischen Präsidenten Getúlio Vargas.

1940 kehrte Dr. Vargas aufgrund des 2. Weltkrieges nach Brasilien zurück. Ingeborg begleitete ihn nach Rio de Janeiro, wo das junge Paar sich im gleichen Jahr vermählte. Die Eheleute wurden Eltern einer Tochter.

1942 lernte Ingeborg den polnischen Bildhauer August Zamoyski in Brasilien kennen, der sie im Handwerk der Bildhauerkunst unterrichtete.

1944 trennten sich Ingeborg ten Haeff und Dr. Lutero Vargas. Die Ehe wurde geschieden. Ingeborg zog es nach New York.

1944-1945 erhielt sie ein Stipendium für die Julliard School New York für darstellende Künste.

1947-1948 arbeitete Ingeborg als Assistentin von J.B. Neumann, einem angesehenen Kunsthändler.

1948 erhielt sie die US-amerikanische Staatsbürgerschaft und heiratete den Stadtplaner Paul Lester Wiener.

1948-1956 unternahm Ingeborg verschiedene Reisen nach Lateinamerika.

1957 erhielt sie Zeichenunterricht bei der Kunstprofessorin Elsa Tennhardt an der New York University und machte ihre Leidenschaft für das Zeichnen und Malen zu ihrem Beruf.

1967-1969 mit dem Tod ihres zweiten Ehemannes zog sich Ingeborg in eine künstlerische Pause zurück.

1969 heiratete sie den Professor und Übersetzer John Lawrence Githens.

1976-1992 bereiste Ingeborg Zentralamerika, Japan, Südkorea, Burma, Indonesien und Thailand.

2006 präsentierte die Galerie im Zentrum der Stadt Wesel Werke von Ingeborg ten Haeff. Zur Eröffnung der Ausstellung am 19. Februar begrüßte Bürgermeisterin Ulrike Westkamp die Künstlerin persönlich.

2011 am 21. Mai starb Ingeborg ten Haeff im Alter von 95 Jahren in New York.

In der Broschüre „WEGgefährtinnen der Stadt Wesel“ wird Ingeborg ten Haeff als eine von 33 Frauen, nach denen eine Straße in Wesel benannt wurde, gewürdigt. Die Broschüre ist 2020 erstmals erschienen.

Andreas Vesalius

Andreas Vesalius - Begründer der modernen Anatomie

Andreas Vesalius - Begründer der modernen Anatomie
Andreas Vesalius - Begründer der modernen Anatomie
Quelle: Stadtarchiv Wesel

Die Familie von Andreas Vesalius stammte - wie der Name auch anzeigt - aus Wesel und hieß eigentlich Witinck. Seine Vorfahren wanderten im 15. Jahrhundert nach Flandern und Brabant aus. Andreas Vesalius kam in der Sylvesternacht des Jahres 1514 in Brüssel zur Welt. Sein Vater war Andreas Vesalius, der als Apotheker im Dienste Kaiser Karls V. stand. Die Schulzeit absolvierte der junge Vesalius in Brüssel, anschließend immatrikulierte er im Februar 1530 an der Universität in Löwen, wo er zunächst Sprachen und Wissenschaften studierte, im Jahre 1531 jedoch zur Medizin wechselte. Da die dortige medizinische Fakultät zu dieser Zeit keinen guten Ruf genoß, wechselte Vesalius im Herbst 1533 zum Medizinstudium nach Paris, wo er bei Günther von Andernach (1505 - 1574) und Jacobus Syvivius (1478 - 1555) studierte. Beide Lehrer waren überzeugte Anhänger der galenischen Medizin und Anatomie. (Der altgriechische Arzt Claudius Galenus (129 - 199) galt mit seinem umfassenden System der Medizin und Anatomie über ein Jahrtausend als unumstrittener Genius der Heilkunde.)

Zwar sezierte sein Lehrer Jacobus Syvivius als einer der Ersten Bestandteile des Menschen anstelle von Schweinen, nannte Muskeln mit Namen statt mit Zahlen und erfand die Injektion von Farblösungen, doch äußerte Vesalius später einmal kritisch, dem Studenten würde wenig geboten, was ein Metzger in seinem Laden nicht besser lehren könnte. Er selber ging schon zu Studienzeiten weiter: Auf den Friedhöfen und Hinrichtungsstäten von Paris organisierte er Material, um selbst Präparationen durchzuführen und wurde dabei so geschickt, daß er mit Kommilitonen wettete, durch bloßes Berühren Knochen bestimmen zu können.

Wegen eines Krieges zwischen Frankreich und dem Deutschen Kaiser verließ Vesalius Paris im Jahre 1536 und kehrte nach Löwen zurück. Dort führte er mit Unterstützung des Bürgermeisters die Sektion wieder ein und erwarb 1537 den Grad eines Baccalaureus.

Im Herbst 1537 wechselte Andreas Vesalius an die Universität von Padua, wo er bereits am 05. Dezember desselben Jahres ( "magna cum laude" ) zum Dr. med. promovierte. Nur einen Tag später erhielt er in Anerkennung seiner hervorragenden Kenntnisse einen Fünfjahresvertrag als Professor für Chirurgie mit Lehrverpflichtung zur Anatomie. Als solcher erregte er großes Aufsehen, als er seine erste Sektion an der Universität eigenhändig vornahm. Fortan sezierte Vesalius die Leichen aller in Padua zum Tode Verurteilten. Daneben führte er auch in anderen Städten der Umgebung anatomische Demonstrationen durch.

Während der fünf Jahre in Padua schuf Vesalius sein anatomisches Lebenswerk. Zum Gebrauch seiner Studenten fertigte er zunächst drei Lehrtafeln über das Adernetz an. Zusammen mit mehreren Skelettdarstellungen wurden sie 1538 als "Tabulae anatomicae sex" in Venedig veröffentlicht. Sie bildeten die Vorstufe für Vesalius' Hauptwerk "De hunami corporis fabricia libri septem". Bei seinen Forschungen bestätigte sich, daß Claudius Galenus offenbar keine Menschen, sondern Rhesusaffen und Hunde präpariert hatte. Dennoch stellte Andreas Vesalius den griechischen Arzt niemals in Frage, sondern strebte lediglich eine Korrektur und Ergänzung an.

Die "Fabricia" wurde von Studenten und fortschrittlichen Professoren begeistert aufgenommen, doch regte sich in Kreisen dogmatischer Galenisten Widerstand. Dies schadete der Reputation des Vesalius allerdings kaum, hatte er doch in seinem Hauptwerk eine Widmung an den römisch-deutschen Kaiser Karl V. ( 1500 - 1558 ) gerichtet, an dessen Hof er schließlich als Leibarzt gerufen wurde. Vesalius lebte nun in Spanien und begleitete den Kaiser auf Reisen und Heereszügen. Später folgte er auch Karls Sohn Philipp II. von Spanien ( 1527 - 1598 ) als Leibarzt nach Madrid.

Andreas Vesalius starb während einer Pilgerreise in das Heilige Land am 15. Oktober 1564 auf der Insel Zakynthos, er wurde auf der Insel Korfu begraben.

Johann Friedrich Welsch

Erster bedeutender Maler des 19. Jahrhunderts 

Der Sohn eines Weseler Anstreichers und Glasers erhielt seinen ersten Zeichenunterricht vermutlich als Schüler am Weseler Gymnasium durch M. E. G. Roger de Vavincour. Ab 1817 studierte er in Berlin, wo er die "Berliner Sachlichkeit" aufnahm und eine solide technische Ausbildung erhielt, die ihn später auch zu seinem Wirken als erfolgreicher Restaurator befähigte.

1823/24 wirkte er selber als Zeichenlehrer an seiner ehemaligen Weseler Schule, studierte anschließend in Den Haag, wo er ab 1836 auch als Lehrer an der Akademie tätig war. Um 1827 heiratete er in zweiter Ehe die ebenfalls in Wesel gebürtige Caroline Wirtz. Zwei Söhne des Ehepaars, Carl Friedrich Christian (Charles Feodor) und Julius Maria Jakob, in Wesel 1828 und 1832 geboren, wurden selber bekannte Maler.

Wohl in den 40er Jahren ließ sich Johann Friedrich Welsch endgültig in Münster nieder. Er malte Historienbilder, Landschaften und Bildnisse, restaurierte unter anderem 1851/52 umfassend die Altartafeln des Derik Baegert in der Dortmunder Propsteikirche und 1870 den "Cappenberger Altar" des Jan Baegert, die beide seinerzeit noch nicht mit ihren Weseler Malern in Zusammenhang gebracht wurden.