Ingeborg ten Haeff wurde am 31. Juli 1915 in Düsseldorf geboren. Zu dieser Zeit war eine selbst bestimmte Lebensgestaltung für Frauen nur mit der Zustimmung des Vaters oder Ehemannes möglich. Hinzu kam, dass der Erste Weltkrieg sämtliche Lebensbereiche überschattete. Schon früh entdeckte sie ihre Leidenschaft für die Kunst, die ihr Leben prägen sollte. Von 1917 bis 1928 lebte sie in Wesel, der Heimatstadt ihres Vaters, im Haus Rohleerstraße 11. Diese Kindheitsjahre waren geprägt von dem frühen Tod ihres Vaters. 1928 verließen Ingeborg ten Haeff, ihre Mutter und ihre Schwester Wesel und zogen nach Berlin. Die Hauptstadt des Deutschen Reiches war damals eine pulsierende Metropole und galt als Zentrum der avantgardistischen Kunst- und Kulturszene.

Von 1933 bis 1940 widmete sich Ingeborg mit Leidenschaft dem Studium von Musik und Gesang. Hier begegnete sie sowohl ihrer künstlerischen Bestimmung als auch ihrer ersten Liebe: Dr. Lutero Vargas, dem Sohn des brasilianischen Präsidenten Getúlio Vargas. Als der Zweite Weltkrieg ausbrach, wurde das Paar vor eine schwere Entscheidung gestellt, denn Dr. Vargas musste in seine Heimat Brasilien zurückkehren. Ingeborg folgte Dr. Lutero Vargas nach Rio de Janeiro, wo das junge Paar im gleichen Jahr heiratete. Bereits 1944 trennten sich die Eheleute. Ingeborg zog es nach New York, einer Stadt voller Inspiration und Kreativität. Dort fand sie die Freiheit, sich ganz ihrer Kunst zu widmen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde ihre Ehe offiziell geschieden. Ingeborg wurde Teil der pulsierenden Kunstszene New Yorks. In der Galerie des renommierten Kunsthändlers Israel Ber Neumann, der viele europäische Künstler vertrat, die vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten geflohen waren, fand sie nicht nur Inspiration, sondern auch einen Zugang zur klassischen Moderne Europas. Hier lernte sie ihren zweiten Ehemann, den visionären Architekten und Stadtplaner Paul Lester Wiener, kennen und lieben. Gemeinsam bereisten sie Mittel- und Südamerika. In den späten 1950er Jahren lebte Ingeborg ten Haeff ihre Leidenschaft für die Malerei aus und begann, an der University of New York zu studieren. Bald darauf feierte sie erste Erfolge mit Einzelausstellungen, darunter eine bemerkenswerte Präsentation im Hudson River Museum. Nach dem Verlust ihres zweiten Ehemannes 1967 zog sich Ingeborg vorübergehend aus der Kunstszene zurück. 1969 fand sie in John Lawrence Githens, einem Professor für Russisch am Vassar College in Poughkeepsie, New York, eine neue Liebe und ihren dritten Ehemann. In den 1970er Jahren experimentierte sie in ihren Porträts mit abstrahierten Motiven, die ihre künstlerische Entwicklung widerspiegelten. In ihrem Spätwerk kehrte sie jedoch wieder zur Zeichnung zurück. 2006 erfreute die Galerie im Zentrum der Stadt Wesel die Besucher*innen mit einer Ausstellung der Werke der bekannten Künstlerin Ingeborg ten Haeff. Zur festlichen Eröffnung am 19. Februar kehrte die Künstlerin persönlich, begleitet von ihrem Ehemann, ein letztes Mal nach Wesel zurück. Ingeborg ten Haeff lebte ein selbstbewusstes und künstlerisch erfülltes Leben, in dem sie sich gegen die Normen einer von Männern dominierten Gesellschaft behauptete. Ihre unerschütterliche Kreativität und Entschlossenheit machten sie zu einer inspirierenden Persönlichkeit, deren Einfluss weit über ihre Zeit hinausreicht. Sie verstarb 2011 in New York. Ihr Lebenswerk hinterlässt ein bleibendes Erbe. Ingeborgs Geschichte ermutigt Frauen bis heute, ihre Träume zu leben. Im Jahr 2020 beschloss der Ausschuss für Stadtentwicklung, Umwelt und Nachhaltigkeit des Rates der Stadt Wesel, einen Weg, den Ingeborg-ten-Haeff-Weg in Wesel-Feldmark, zu benennen, um ihr künstlerisches Erbe und ihren Einfluss auf die Stadt zu würdigen. Seit Juli 2025 ziert ein Porträt der Künstlerin die „FrauenWege“ in der Sandstraße. Ihr Porträt kann dort zusammen mit denen weiterer bedeutender Frauen, die die Stadtgeschichte maßgeblich geprägt haben, bewundert werden. Wer sich neben Ingeborg ten Haeff auch über andere inspirierende Frauen aus Wesel informieren möchte, kann im Rathaus vor Zimmer 116 in der ersten Etage eine kostenlose Broschüre mit dem Titel „Die WEGgefährtinnen“ mitnehmen.